Stories aus der Sandmausgeschichte

Expedition zum Pik Lenin 1994 (Volkmar)

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Vorwort
Was bewegt eine Gruppe von Menschen immer wieder dazu, sich wochenlang mit schwersten Rucksäcken über gefährliche Pfade in unwirtlichen Gegenden die Berge hinaufzuschinden. Sie klagen über Kopfschmerzen, Übelkeit und Fieber, sind entkräftet und oftmals gerade noch so mit dem Leben davongekommen, nur um auf dem Gipfel was weiß ich für eines Berges zu stehen. Dafür legen sie auch einige tausend Mark auf den Tisch und verbrauchen ihren Jahresurlaub - ich glaube, da muß man sich schon fragen ob diese Menschen noch ganz normal sind.
  Als etwas gemäßigter Vertreter dieser Gattung Mensch kann ich diese Frage mit gutem Gewissen bejahen. Hat ein einigermaßen ehrgeiziger Mensch seine Liebe zur Natur und dem Bergsteigen entdeckt, so faszinieren ihn die hohen schneebedeckten Gipfel zweifellos und der Wunsch ganz oben zu stehen und auf die Ferne des Landes hinabzuschauen wird dann zu einem erreichbaren Ziel. Oft genug hat man dann meist dieses seltsame Gefühl erlebt, das einen überkommt wenn man als Gipfelsieger ins Land blickt und nun sollen es höhere, ja ganz hohe Berge sein. Im Gegensatz zu den Alpengipfeln mit bewirtschafteten Berghütten und Hubschrauberbergung muß man bei einem Siebentausender im Pamir noch einige weitere Vorbereitungen treffen. Während im Normalfall ein guter Lederbergstiefel seinen Dienst tut, sind für eine derartige Tour Plastebergstiefel dringend zu empfehlen. Auch mit dem Schutz der Finger sollte man sehr gründlich sein, denn selbst bei unserer Kombination aus Fleece-Innenhanschuh und gefüttertem Überhandschuh hatten wir leichte Erfrierungen durch die extrem kalte Luft. Will man also erfolgreich sein, ist außer einer guten Kondition die Ausrüstung von großer Bedeutung und dazu gehören auch - sturmsicheres Zelt, Biwaksack, ordentlicher Schlafsack, Steigeisen usw. aber auch die richtige Verpflegung. Müsliriegel, Schokolade, Trockenfrüchte, kräftige Suppen, Nüsse, Reis, Salami, getrocknetes Brot - sind wichtiger Bestandteil. Bei der Verpflegung sollte man nicht sparen und schmackhafte abwechslungsreiche Mahlzeiten zusammenstellen, denn den riesigen Energiebedarf kann man nur mit gesundem Appetit annähernd decken.
  Für mich standen neben schönen Gipfelsiegen am Monte Rosa und Matterhorn in der Schweiz, dem Huayna Potosi in Bolivien oder dem formschönen Vulkan Osorno in Chile auch Mißerfolge am Nevado Ampato in Peru oder dem Aconcagua in Argentinien. So hatte ich eben meine Zweifel am Gelingen dieser Tour aber auch den starken Willen, dieses Jahr am Pik Lenin mal wieder einen Sieg zu feiern. Zwar würden wir noch sehr interessante mittelasiatische Städte besuchen, doch das eigentliche Ziel der Expedition sollte der Berg sein.

Vorbereitungen
Wir, das heißt Achim (25), Birk (23), Hannes (24), Thomas (26), Christiana(20) und ich (24), wollten also zu einem der höchsten Pamirberge. Von der dafür nötigen Ausrüstung hatten wir bisher nur einige Stücke. Zelte, Schlafsäcke, Kocher, Steigeisen u.a. waren vorhanden - Bergstiefel, Handschuhe, Jacken mußten zum größten Teil noch besorgt werden. Auch bessere Isomatten und Thermounterwäsche für die extrem kalten Nächte in über 6000m Höhe wurden ins Sortiment aufgenommen. Insgesamt konnten wir recht gelassen an die Vorbereitungen gehen, denn von vielen Reisen her hatten wir klare Vorstellungen was mitgenommen werden mußte und wann und wo die fehlenden Dinge zu erhalten sein würden. - Die Verpflegung zum Beispiel kauften wir erst einen Tag vorher im Großhandel. Den Einkauf "Vor Ort" wollten wir nicht riskieren und so schleppten wir schon allein jeder 13kg Essen. Anreisen wollten wir mit dem Flugzeug und erkundigten uns deshalb bei dem Reisebüro Trojka in Dresden, das ich an dieser Stelle für ähnliche Fahrten empfehlen möchte. Nach unserer geplanten Reiseroute wählten wir den Hinflug von Berlin nach Taschkent und zurück sollte es von Samarkand gehen. Für den Transfer zwischen den Moskauer Flughäfen stellte die Trojka einen Kleinbus mit Fahrer zur Verfügung, und sie übernahmen auch die Beschaffung des Visums für die GUS Staaten. Fehlten nur noch Kleinigkeiten wie Filme, Batterien, Waschmittel usw. Reisegepäck- und Auslandskrankenversicherung hatten wir schon abgeschlossen, Medikamente gegen Kopfschmerzen, Durchfall und Fieber ergänzten eine kleine Reiseapotheke. Für den Aufenthalt von fünf Wochen hatten wir 400 Dollar veranschlagt, was etwa 600 Mark entspricht ( der Dollar ist dort die Zweitwährung und wird von der Bevölkerung gern eingetauscht ). Nun konnte es also losgehen.

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